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Die Funktion der Basisrente – Prof. Kriebel im Interview

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Bonnfinanz hat mit dem Finanzexperten Prof. Dr. Claus Kriebel über die Bedeutung der Basisrente gesprochen.

Welche Funktion erfüllt aus Ihrer Sicht die Basisrente in einer gesamthaften Alters­vorsorge für Selbständige?

Kriebel:
Aus meiner Sicht eine enorm wichtige. Studien zu diesem Thema zeigen, dass es zwei Gruppen von Selbständigen gibt: Die einen sparen zu wenig für den Ruhestand, die anderen bauen zwar erhebliches Vermögen auf, im verdienten Ruhestand fehlt ihnen indes oft Liquidität. Denn das Vermögen ist gebunden. Oft im Eigenheim, das in vielen Fällen viel zu groß ist, weil die Kinder aus dem Haus sind, und somit nicht einkalkulierte Kosten verursacht. 

Oder das Vermögen steckt in vermieteten Immobilien. Das kann dann zu monatlichen Mieteinnahmen führen, aber wenn es zu Ausfällen kommt oder zu größeren Reparaturen, dann fehlt ebenfalls Liquidität. Ich persönlich erlebe das gerade bei einer Eigentümergemeinschaft in Köln, nähe der Uni-Klinik. Notwendige Reparaturen müssen aufgeschoben werden, weil die Liquidität der Miteigentümer nichts Anderes zulässt. 

Angestellte haben es da im Ruhestand besser: Die gesetzliche Rente deckt ihr – ich nenne es mal so – „Grundrauschen“ schon zu einem großen Teil ab, also die Kosten für Wohnen und Lebenshaltung. Kommt dann noch ein Riester-Vertrag hinzu und etwas sonstiges Vermögen, dann hat man im Ruhestand die Sicherheit, lebenslang das Wichtigste bezahlen zu können. Ein enorm wichtiger Aspekt. 

Niemand mag es, sich mit 70 Jahren fragen zu müssen: Ob mein Geld in zehn Jahren noch ausreicht?

Die Basisrente gibt genau diese kalkulierbare Sicherheit: Jeden Monat, solange man lebt und egal wie alt man ist, ein selbst festgelegtes Einkommen zu haben. Ohne sich ständig Gedanken machen zu müssen, welche Wertpapiere oder Immobilie man denn jetzt verkaufen muss.

Sie haben selbst mit einer sechsstelligen Sparsumme in zwei Basisrenten investiert – was hat Sie konkret dazu bewogen?

Kriebel: [lacht]
Ganz einfach, weil es sich für mich lohnt! Ich habe das als Finanzmathematiker sehr gründlich durchgerechnet, das können Sie sich vorstellen, und bin zum Ergebnis gekommen, dass die Basisrente mir selber durch die staatlichen Förderungen eine Zusatzrendite von 1,5 % – 2 % pro Jahr bietet. Das ist über die gesamte Laufzeit – inklusive Rentenphase - sehr, sehr viel. Wichtig ist bei Geldanlagen, die Dinge nüchtern zu sehen: „Welche Rendite ist bei welchem Produkt wahrscheinlich; was habe ich davon?“, diese Frage muss man sich stellen. Bei der Basisrente profitiert man von Steuervorteilen und strategischen Sicherheiten.

Sie empfehlen eine Basisrente nicht nur für Selbständige, sondern auch für gutverdienende Angestellte. Wie wirkt sich denn die Basisrente konkret steuerlich aus, in den beiden Fällen?

Kriebel:
Beide Gruppen sparen in der Ansparphase Steuern und müssen die Rente im Ruhestand versteuern. Das ist exakt wie bei der gesetzlichen Rente, nur mit dem Unterschied, dass Sie mehr Wahlmöglichkeiten haben. Als Beispiel: Wenn Sie in zehn Jahren in Ruhestand gehen, können Sie im Durchschnitt 98 % Ihrer Beiträge mit Ihrem heutigen Grenzsteuersatz absetzen. Das sind bei einem Single mit einem zu versteuernden Einkommen von rund 40.000 € p.a. bereits fast 40 %. Wenn Sie also 10.000 € investieren, erhalten Sie nahezu 4.000 € vom Finanzamt zurück.

Und die Steuer auf die Rente?

Kriebel: Zunächst einmal gibt es hier Freibeträge. Im genannten Beispiel müssen Sie das, was über die Freibeträge hinausgeht, nur mit 90 % versteuern, während Sie ja 98 % absetzen konnten. 8 Prozentpunkte werden Ihnen also schlicht vom Finanzminister geschenkt. Dazu kommt: Sie haben im Ruhestand in nahezu allen Fällen einen deutlich geringen Steuersatz als im Arbeitsleben. Beide Effekte ergeben in der Summe den Vorteil.

Allerding muss man einschränken: Sie sollten zumindest eine durchschnittliche Gesundheit haben: Einem deutlich übergewichtigten Kettenraucher würde ich keine Basisrente empfehlen. Details sollten daher immer in einer kompetenten Beratung geklärt werden.

Es gibt Bestrebungen in der Politik, die Selbständigen in Deutschland gesetzlich zu verpflichten, in die gesetzliche Rente oder alternativ in eine Basisrente einzuzahlen. Wie können Sie sich Selbständige darauf vorbereiten?

Kriebel:
Durch Corona stochern wir etwas im Nebel. Sicher ist: Es soll eine Wahlfreiheit geben zwischen Basisrente und gesetzlicher Rente. Der entscheidende Punkt: Damit ich überhaupt gesichert eine Wahlfreiheit habe, empfiehlt es sich hier ganz klar, im Vorfeld in eine Art Vorrats-Basisrente zu investieren. Das muss kein hoher Betrag sein, Hauptsache der Anbieter ermöglicht Ihnen ein Aufstocken der Beträge, wenn die Rentenversicherungspflicht kommt.

Wann ist aus Ihrer Sicht mit der Einführung der Ver­siche­rungspflicht zu rechnen?

Kriebel:
Alle Parteien wollen es, es bringt den sehr klammen staatlichen Rentenkassen Geld und ist sinnvoll. Also wird es kommen. Wenn Corona beherrschbar scheint und es bis zur Wahl dann noch einige Monate sind, dann wird das Gesetz noch vor den Bundestagswahlen beschlossen. Ansonsten danach. Unter einer rot-grünen Regierung wird die Pflicht erklärtermaßen deutlich strenger ausfallen. Wobei alle Seiten Bestandsschutz gewähren lassen wollen. Auch das spricht für den vor mir angesprochen „Vorratsvertrag“.

Wer jetzt eine Basisrente abschließt, kann nichts falsch machen und hat alle Optionen.

Wie schneiden die gesetzliche Rente und die Basisrente in puncto Sicherheit und Rendite im Vergleich zueinander ab?

Kriebel:
Das ist eine spannende Frage. Das staatliche System profitiert von staatlichen Zuschüssen, allerdings auch von staatlichen Einschränkungen. Generell kann man in den meisten Fällen realistisch bei der staatlichen Rente von einer Rendite in Höhe von etwa 0,8 % – 1,2 % p.a. ausgehen. Bei der privaten Basisrente können Sie mehr wählen. Ob Startalter der Rente, Höhe des Hinterbliebenenschutzes oder Form der Geldanlage. Es gibt ein sehr breites Spektrum an Anbietern – so etwas ist natürlich immer gut. 


In Sachen Sicherheit der privaten Rente garantieren manche Anbieter 0,9 % Verzinsung. Das wird es allerdings im nächsten Jahr nicht mehr geben. Man kann aber auch auf Garantien verzichten. Hier gibt es – wie immer im Leben – mehr Chancen und auch mehr Risiken, wobei selbst bei aktienorientierter Geldanlage bei manchen Anbietern Beitragsgarantien existieren. Sie können also kein Geld verlieren. Gerade Selbständige wissen aber oft um die Vorteile der Kapitalmärkte und investieren lieber in Firmen, also Aktiengesellschaften, als ihr Geld fast unverzinslich liegen zu lassen. Das ist im Rahmen der Basisrente möglich.

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Vita Prof. Dr. Claus Kriebel

Zwei Herzen schlagen in seiner Brust: Neben dem Studium der Betriebswirtschaftslehre absolvierte Prof. Dr. Claus Kriebel auch das Studium der Physik und (Numerischen) Mathematik an der Universität zu Köln mit anschließender Promotion in Physik.

Vor seiner Ernennung zum Professor am Lehrstuhl für Finanzmathematik, Statistik und Ökonometrie an der Stettiner West Pomeranian Business School arbeitete Dr. Kriebel selber längere Zeit als Berater bei der MLP AG und konzentrierte sich später als Softwareproduzent und Dozent auf die praktische Finanzmathematik für Finanzdienstleister. Dabei war er mehrfach an der Ausbildung von certified financial plannern (cfp) an der Frankurt School of Finance beteiligt. Auf den Luxus-Kreuzfahrtschiffen der Hapag Lloyd Flotte hielt Prof. Dr. Kriebel verschiedene Seminare ab zum Thema „Vermögen“ und erhielt hier den Titel „Der Geldprofessor“.

Durch seine Tätigkeit in Aufsichtsräten unter anderem bei der Schweizer Ver­siche­rung „ElipsLife“ gilt er als ausgewiesener Branchenkenner und als Experte von Anlage- und Ver­siche­rungsprodukten. Als Ver­siche­rungsmathematiker/Aktuar erstellte und prüfte er mehrmals für Versicherer und Banken finanzmathematische Software.